sport-kurier. Es war am Samstagabend gegen 20.30 Uhr, als den Rhein-Neckar Löwen der Super-Gau drohte. Es fehlte nämlich nicht viel und die Gelbhemden hätten innerhalb von nur 48 Stunden zwei Titel verspielt. Donnerstags strauchelten sie im Achtelfinale der Champions League gegen den THW Kiel - das 24:26 war zu wenig.
Und am Samstag wäre beinahe der freche Aufsteiger Leipzig zum Stolperstein geworden. Erst ein Glückstor von Spielmacher Andy Schmid brachte die Wende zum Guten. Der Schweizer knallte den kleinen Harzball acht Sekunden vor der Schluss-Sirene in Richtung Gäste-Tor und hatte dabei einen Riesen-Dusel, dass das Spielgerät noch vom Leipziger Block abgefälscht wurde. Denn so trudelte er unhaltbar für Torhüter Vortmann ins Tor. 24:23 - durchatmen. Gerade noch so gewonnen.
Nochmal gut gegangen - Gudjon Valur Sigurdsson / RNL mit einem kleinen Fan - dahinter Alexander Petersson / RNL - Rhein-Neckar Loewen vs. SC DHFK Leipzig. AS Sportfotos
Und das obwohl über 60 Minuten eigentlich kaum etwas zusammen gelaufen ist. Ein gutes Beispiel hierfür war die Siebenmeterschwäche der Badener: Sage und schreibe fünf von ihnen wurden verworfen. An den Sieg hat Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen trotzdem immer noch geglaubt: "Als Trainer ist das doch deine Pflicht, du musst die Jungs immer aufbauen", sagte er und gestand: "Es sah zwischenzeitlich wirklich richtig schlecht für uns aus." Und weiter: "Letztlich waren unsere Fans mit dafür verantwortlich, dass wir dieses Spiel noch gedreht haben. Die Stimmung war fantastisch."
Genau so war es auch. Es gab wohl bislang kaum eine Löwen-Partie in der SAP Arena, bei der die Zuschauer so mitgegangen sind. Ganz viele Emotionen waren im Spiel, ein ständiges auf und ab. Doch ganz wichtig: Zum Schluss gab es in alter Hollywood-Manier ein Happy End. Es war also beste Samstagabend-Unterhaltung für die 10146 Zuschauer.
Der Grund für den Drahtseilakt ist schnell gefunden. Die Löwen waren einfach platt, noch schwer gezeichnet vom Nord-Süd-Gipfel mit den Kielern. So war laut Jacobsen nicht an ein Training zu denken, als der Däne am Freitag zur Übungseinheit bat. "Andy Schmid konnte da nicht einmal richtig laufen, geschweige denn spielen und den anderen ging es nicht viel besser." Kein Wunder nach solch einem mörderischen Pensum. Ein Zwei-Tages-Rhythmus geht schon an die Substanz.
Doch die leeren Akkus waren nicht die einzige Erkenntnis, die man aus diesem Spiel ziehen konnte. Es zeigte vielmehr auch, dass der zweite Anzug beim Meister nicht passt. Marius Steinhauser, der mit seinen acht Treffern ein wahres Feuerwerk abbrannte, mal ausgenommen. "Steini" war auf der rechten Außenbahn eine Wucht. Doch was ist mit einem wie Harald Reinkind los. Der Norweger kam als Riesen-Talent und hat auch schon ein paar starke Leistungen im rechten Löwen-Rückraum gezeigt. Mittlerweile stagniert er aber. Der Linkshänder traut sich nichts zu, sucht so gut wie nie den Abschluss und entscheidet sich lieber für den x-ten Querpass.
Doch all das gilt es nun auszublenden. Denn der Spiele-Marathon geht unvermindert weiter. Am kommenden Wochenende stehen im Idealfall wieder zwei Kraftakte an. Aber eben nur dann, wenn die Löwen am Samstag ihre Halbfinal-Hürde SG Flensburg-Handewitt überspringen. Und gerade diese Flensburger haben die Badener zuletzt häufiger in Hamburg ausgebremst.
Es scheint ohnehin fast so, als würden das Hamburger Final Four und die Löwen nicht zusammen passen. Heuer startet die Mannschaft von Trainer Nikolaj Jacobsen bereits den zehnten Anlauf beim nationalen Pokal-Showdown. Und das Ergebnis war bekanntlich immer das Gleiche. Frust pur. Ob es dieses Mal erstmals mit dem Pott klappt? Spätestens am Sonntagabend wissen wir mehr...