Zuvor nahm sich der neue Coach Ralf Schmitt, beruflich als Berater im Gesundheitsmanagement bei einer Krankenkasse angestellt, noch Zeit für ein Interview mit dem sport-kurier.
Hallo Herr Schmitt. Sind sie bereit für ihr neues Traineramt beim VfR Mannheim?
Am Wochenende starten wir die Vorbereitung. Ich habe kleine Kinder und wir haben vorher noch die Möglichkeit genutzt, um noch ein paar Tage weggefahren, bevor es wieder losgeht. Das war Gold wert nach dieser fordernden Zeit, die hinter uns liegt.
Wie kamen es zu dem Engagement beim VfR?
Wir waren ja schon in der Vergangenheit schon einmal in Kontakt. Da hat es aus verschiedenen Gründen leider nicht geklappt. Da war einfach nicht der richtige Zeitpunkt. Jetzt war eine neue Situation, nachdem ich meine Trainertätigkeit in meinem alten Verein im Dezember einvernehmlich beendet habe. Diesmal hat es also vom Zeitpunkt gepasst.
Die Erwartungshaltung ist beim VfR sicher anders als bei ihrem Ex-Club Mechtersheim sehr hoch. Man erwartet Aufstiegskampf. Können sie mit dem Druck umgehen?
Die Frage ist: Was ist Druck? Ich habe lieber Druck und ein ambitioniertes Team. Dann macht es ja auch Spaß und der Reiz ist da. Das macht den Fußball auch aus, dass man für ein Ziel einsteht und dafür auch kämpft. Für mich ist die Erwartungshaltung kein Problem, sondern eine Herausforderung. Jeder weiß, dass es immer ein ambitioniertes Ziel ist, aufzusteigen, aber wir wollen das Ziel erreichen. Es hängt aber immer auch von ganz, ganz vielen Faktoren ab, die man nicht beeinflussen kann, aber wir werden unser Bestes geben.
Die Verbandsliga Nordbaden ist Neuland für Sie?
Mein Co-Trainer und ich haben uns schon viele Spiele angeschaut, aber die Liga, in der man arbeitet, ist einem natürlich vertrauter. Jetzt zu Beginn wird der Aufwand für uns sehr hoch sein, wenn man die kommenden Gegner im Vorfeld beobachtet. Unser Anspruch ist es schon, die Mannschaft immer bestmöglich einzustellen. Wir nutzen auch das Bildmaterial, welches von einigen Vereinen existiert.
Schon zehn Neuzugänge sind bekannt. Kann man von einem Umbruch sprechen?
Ja, es ist ein Umbruch, das kann man ganz klar sagen. Es wird seine Zeit brauchen, bis sich es einspielt. Wir haben jetzt ab dem Wochenende aber zehn Wochen Vorbereitung, um uns kennenzulernen und werden dann auch Testbegegnungen haben, damit sich die Mannschaft einspielen kann. Ich weiß aber auch, dass wir von außen nicht so viel Zeit haben werden, weil die Erwartungen groß sind. Aber ich bin optimistisch. Die Qualität im Kader werden wir haben und das müssen wir auf den Platz bringen.
Fünf Feldspieler kommen allein von Fortuna Heddesheim. Erleichtert dies nicht ihre Aufgabe, die Mannschaft einzuspielen?
Es ist mit Sicherheit kein Nachteil, wenn sich die Jungs schon länger kennen und aufeinander abgestimmt sind. Trotzdem ist es so, dass sich das Gefüge erst noch finden und die Mannschaft sich einspielen muss. Außerdem gibt es bei der Qualität des Kaders ja keine Stammplatzgarantie. Da wird es sicher auch immer wieder mal den ein oder anderen Härtefall geben. Dies liegt in der Natur der Sache. Persönliche Interessen müssen dann im Sinne der Mannschaft zurückgestellt werden. Ich werde da genau darauf achten.
Ist denn der Kader schon komplett?
Wir haben bewusst noch die ein oder andere Stelle im Kader offengehalten, weil wir davon ausgehen, dass sich in der nächsten Zeit noch was ergeben wird auf den Positionen, wo wir gerne noch was tun möchten.
Gibt es auch noch Spieler, die sie abgeben wollen?
Mit den Spielern, die jetzt da sind, planen wir auch. Es kann aber immer mal ein Fall dabei sein, wo man sagt, dass es nicht passt. Davon gehe ich momentan aber nicht aus. Ich hoffe auch und darauf habe ich auch vorher hingewiesen, dass alle in einem körperlich guten Zustand starten. Dass meine Spieler da eine entsprechende Einstellung haben, ist mir extrem wichtig.
Der VfR ist erst ihre zweite Trainerstation…
Ich habe nie aktiv etwas gesucht. Nach dem aktiven Fußball wollte ich bewusst auch mal eine Zeit lang ohne Fußball sein. Das ist wichtig, weil es auch mal einen anderen Blick auf die Dinge bringt. Damals war Mechtersheim schon an mir interessiert. Als ich dann anfing, habe ich gemerkt, dass mir die Rolle als Co-Trainer nicht viel bringt. Danach habe ich bewusst ausgesetzt, weil auch die Kinder noch klein waren. Aber den Bezug zum Fußball habe ich nie verloren und auch viele Spiele angeschaut. Dann ergab sich die Position des Cheftrainers in Mechtersheim. Das hat auch gut funktioniert. Erfahrungswerte habe ich in meiner aktiven Zeit viele gesammelt und auch viele Trainer gehabt.
Was bleibt da hängen, wenn sie an ihre eigene Zeit als Profifußballer zurückdenken?
Es war schon ein Privileg, so weit gekommen zu sein und dies neun oder zehn Jahre hauptberuflich machen zu dürfen. Für mich war als Spieler der Sprung von der Verbandsliga zu Felix Magath damals schon ein großer, es kamen anfangs viele Wehwehchen, was mich zurückgeworfen hat. Es hat natürlich gedauert, bis man rein physisch auf dem Level angekommen ist. Durch einige Trainerwechsel schon in den ersten Jahren habe ich schnell viele Höhen und Tiefen im Profifußball erlebt. Man ist abhängig, ob ein Trainer komplett auf einen setzt oder nicht. Die richtige Chance im Profibereich hatte ich aus meiner Sicht nie wirklich. Ich bin trotzdem zufrieden damit, wie es gelaufen ist.
Gewinnen sie als Trainer lieber 4:3 oder 1:0?
Ich bin da relativ akribisch, was die Abläufe angeht. Auch wenn ich selbst Stürmer war, würde ich lieber ein 1:0 oder 2:1 nehmen, weil ich dann weiß, dass die Struktur und die Defensivarbeit passt. Für die Zuschauer ist es natürlich interessanter, wenn es ein 4:3 wird, aber ein strukturiertes 2:1 ist mir lieber als ein Harakiri-4:3.
Zum Schluss noch eine Frage zur Europameisterschaft. Wer wird Europameister und wie schlägt sich das DFB-Team?
Es ist schwierig zu sagen, aber ich glaube schon, dass Deutschland wider Erwarten eine gute Rolle spielen kann. Wenn es darauf ankam, war das DFB-Team oft da. Es kommt immer darauf an, wie man in das Turnier reinkommt, dann kann eine gewisse Dynamik entstehen. Als Turnierfavorit sehe ich eher einer der anderen Nationen wie Frankreich, aber es ist immer schwer zu sagen.